Mittwoch, 17. April 2024
Die gesellschaftliche Wirklichkeit erfahre ich als paradox. Der Bundestag hat Cannabis legalisiert. Wenn man etwas für richtig und begründet hält, muss man es tun. Aber in diesem Fall ist man einhellig der Überzeugung, dass man Prävention verstärken muss. Vermutlich hält man die Sache für gefährlich. Stecken mehr Chancen oder Risiken in der Freigabe?
Das Bundesverfassungsgericht hat den assistierten Suizid legalisiert. Auch hier fordert man eine starke Prävention. Vermutlich hält man die Sache für gefährlich. Stecken mehr Chancen oder Risiken in der Freigabe?
Wir etablieren eine neue kulturelle Praxis, die mindestens bedenklich ist – sonst würde man nicht Prävention einklagen. Der gesellschaftliche Nenner, auf dem diese Legalisierungen beruhen, ist Freiheit. Die Legalisierungen würdigen die Freiheit des Menschen. Aber Freiheit sind nicht nur Rechte Einzelner, sondern auch Pflichten anderen gegenüber. Der Hippokratische Eid kann eine Richtung vorgeben: Zuerst nicht schaden, dann vorsichtig sein, schließlich heilen. Der antike Briefeschreiber Paulus schlägt vor:
Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich. 1 Kor 6,12
Der weiße alte Mann Paulus schätzt die Freiheit (Alles ist mir erlaubt). Zugleich kann er sich selbst Grenzen setzen. Nicht alles ist gut, und nichts soll Macht über mich haben – das ist interessant. Meine Interessen, Wünsche, Träume, Vorstellungen, Lieblingsgedanken sollen mir nicht das Handeln diktieren. Damit kann man eine gute Entscheidung für sich und andere treffen – oder?
Pastor Martin Schulz, Regionales Berufsbildungszentrum Wirtschaft . Kiel