Barbara tagt
Seit Mittwoch steht der Apfelbaumzweig in der Vase. Von meiner Oma habe ich gelernt: Die Zweige, die am 4. Dezember, dem Barbaratag, ins Wasser gestellt werden, blühen bis Weihnachten.
Sie erinnern an jene Barbara, die als Christin wegen ihres Glaubens eingesperrt wurde. Auf dem Weg ins Gefängnis verfing sich ihr Gewand an einem Zweig. Den abgebrochenen Ast stellte Barbara ins Wasser. Er blühte, so die Legende, als sie zum Tode verurteilt wurde.
Meine Gedanken gehen zu drei anderen Barbaras.
Meine Grundschullehrerin hieß so. Als Lehrerin hatte sie mir als stotterndem Kind mein Selbstvertrauen gestärkt.
Eine weitere Barbara lernte ich bei meinen Ausflügen in den Europapark kennen. Wenn ich dort an ihrer Pension ankomme, sehe ich sie schon von weitem lachen. Ihr offenes Herz beschenkt mich mit viel Glück.
Eine Barbara hat hier meine Wege gekreuzt. Eine taffe und mutige Frau, die mir zeigt, wie freudig das Alter sein kann und deren Gradlinigkeit und Humor meine Klarheit stärken.
So sitze ich da. Ich sehe den Zweig an. Manchmal blühen meine Barbarazweige nicht oder erst weit nach Weihnachten. Das macht aber nichts. Das, was mir die vier Barbaras mitgeben, macht mein Leben so oder so hell.
Steffen Paar, Pastor in Sülfeld