Erwartung
Letzte Woche habe ich in Kiel Oldtimer aus den 70ern geschaut, eine Erinnerung an die Olympiade vor 50 Jahren. Ich bin auch ein Oldtimer, denn ich war 1972 dabei. Am Ufer der Kieler Förde warteten wir auf die erste Windjammerparade. Das Wasser war leergefegt, das Ufer gesäumt von Menschen. Je näher der angekündigte Start der Parade rückte, desto stiller wurde es. Alle schauten hinaus in Richtung Ostsee, wo Himmel und Wasser sich in leuchtendem Blau trafen. Und dann tauchte am Horizont ein weißer Punkt auf. Es war die Gorch Fock unter vollen Segeln. Majestätisch glitt sie näher und führte eine endlose Reihe kleiner und großer Schiffe in den Hafen. Es gibt viele wunderschöne Bilder dieses Tages. Aber der Moment, der mir heute noch einen Kloß in den Hals zaubert, war jener, als eine riesige Menschenmenge ganz still auf etwas Schönes wartete. Ohne gezückte Handys und lautstarke Animation. Können wir das heute noch? Und worauf können wir in diesen Zeiten als Gesellschaft, als Menschheit mit Freude warten? Zum christlichen Glauben gehört untrennbar die Erwartung, dass Gottes Liebe und Gerechtigkeit die letzte Antwort auf alles Leid sind. Aus dieser Erwartung entsteht Hoffnung. Die wünsche ich uns.
Julia Jünemann, Referentin im Ev. Bildungswerk des Kirchenkreises Plön-Segeberg