Feiertage
9. Oktober: In Leipzig feiern die Menschen 30 Jahre Massendemonstration für mehr Freiheit in der DDR. Wir sehen es im Fernsehen.
9. Oktober: Die Juden auf der ganzen Welt feiern den Jom Kippur, den Tag der Buße und der Versöhnung: untereinander und mit Gott. Hätte es den Anschlag in Halle nicht gegeben, wir hätten dieses höchste jüdische Fest kaum bemerkt.
Vielleicht hat die Polizei in Sachsen-Anhalt deswegen die Synagoge nicht bewacht, weil sie keine Ahnung hatte, dass da Feiertag war. Montag folgte dann das Laubhüttenfest. Wer hat das denn mitgekriegt?
Und nehmen wir die Feiertage der Muslime wahr? Das Fastenbrechen nach dem Ramadan? Das Opferfest? Das Zuckerfest?
Es wird Zeit, dass wir einander mehr sehen. Es wird Zeit, dass wir nicht mehr gleichgültig nebeneinanderher leben, dass wir in unsere Gotteshäuser einladen und uns miteinander bekannt machen.
Denn wenn man sich kennt, dann steht man auch füreinander ein. Die Muslime haben mit dem Tag der offenen Moschee am 3. Oktober einen Anfang gemacht.
Könnte man nicht den Jom Kippur zum staatlichen Feiertag machen so wie vor zwei Jahren den Reformationstag? Und auch einen muslimischen Feiertag etablieren? Das würde diese ehrwürdigen Religionen stärker ins Bewusstsein heben
und uns alle zu mehr Toleranz und Selbstbewusstsein führen. Selbstbewusste Menschen brauchen keine Anschläge. Sie suchen den Dialog.
Gerhard Sabrowski, Pastor, Schönberg