Kraft der Stille

In der Marienkirche in Segeberg liegt ein Buch aus, in das Besucher Gedanken, Wünsche und Gebete schreiben können. Im Sommer dieses Jahre fand sich dieser Satz: „Danke für die offene Kirche. Sie ist wunderschön und eine stille Kraftquelle im tosenden Rundum“. Das tosende Rundum, das ist die Welt unter Corona-Bedingungen. Der Streit um Abstände, Masken und Veranstaltungsverbote. Die gegenseitigen Vorwürfe – Einschränkung der Grundrechte, sagen die einen; Gefährdung der Gesundheit, sagen die anderen. Und immer wieder auch die Klage: Die Kirche schweigt zu alledem. Der Eintrag aus dem Buch in der Marienkirche macht mir deutlich: Stillsein ist etwas anderes als Schweigen. Die Stille in der Kirche spricht eine eigene Sprache. Sie erzählt von einer Kraft, die nüchtern das tut, was nötig ist, und geduldig bleibt, auch wenn sich Lösungen nicht über Nacht ergeben. Eine Kraft, die nicht nur für die eigenen Interessen eintritt, sondern auch an andere denkt. „Durch Stillsein und Hoffen würdet ihr stark sein“ Jes. 30, 15 – schon in der Bibel ist von dieser Kraft die Rede. Jede offene Kirche bringt sie zur Sprache. Und wer eine Kirche betritt, kann sie spüren und dem tosenden Drumherum den Klang des Friedens entgegensetzen. Probieren Sie es aus!
Rebecca Lenz, Pastorin in der Kirchengemeinde Segeberg