Luther: Licht und Schatten

Ja, Luther find ich toll. Seine Erkenntnis, dass Gott uns in Jesus Christus seine Liebe schenkt - und wir sie uns nicht verdienen müssen. Sein Mut, gegen Missstände in seiner Kirche zu protestieren und damit sein Leben zu riskieren. Seine Bibelübersetzung, die unsere deutsche Sprache prägte. Auch sein manchmal recht derbes Reden – gefällt mir!

Dass er auch recht mies über die Juden hergezogen hat ... nun gut, Luther war ein Kind seiner Zeit. So hab ich lang gedacht. Irrtum! Inzwischen ist klar – selbst nach den Maßstäben seiner Zeit war Luther zuletzt ein übler Antisemit, ein Judenhasser.

Grund genug, ihn aus dem Bücherregal zu räumen, das „lutherisch“ aus unserem Kirchenamen zu streichen? Eher Grund zur Erkenntnis, dass Luther auch ein Mensch ist wie wir. Mit Licht – und Schatten. Mit Vorurteilen und festen Ansichten, die durchaus auch mal im Widerspruch zur christlichen Botschaft stehen. Auch ich habe ja Vorurteile: Über Ausländer. Über Hipster. Über Bauern. Über meine Konfis. Vor-Urteile sind unverzichtbar.

Doch bevor sie zu festen Urteilen werden, haben wir sie an der Wirklichkeit zu überprüfen – und an dem, was die biblische Botschaft von der Liebe Gottes uns als Lebensregeln schenkt. Antisemitismus geht dann für Christenmenschen überhaupt nicht.

Darüber würde ich mich mit Luther gerne unterhalten.
Und mit jedem Menschen, der das anders sieht.

Thomas Meyer, Pastor in der Kirchengemeinde Schlamersdorf