Zuviel des Guten
Mehrere Menschen in meinem Bekanntenkreis haben es in den letzten Monaten erlebt: Mutter oder Vater sind ins Pflegeheim umzogen oder verstorben. Zurück bleibt ein kompletter Hausstand, gefüllt mit Einrichtungsgegenständen, für die einst viel Geld ausgegeben, vielleicht lange gespart wurde. In Möbeln, Geschirr und Bildern stecken Erinnerungen an gelebte Leben. Und niemand will mehr etwas davon haben. Alle haben alles, und die Sachen der alten Menschen sind aus der Mode. Die sozialen Möbellager und Kleiderkammern sind nach Corona überfüllt. Wie traurig ist es, wenn letztlich der Sperrmüll bestellt wird und Mutters Garderobe im Kleidercontainer landet! Ich habe gerade ein neues Smartphone gekauft. Mein altes Gerät war noch intakt, aber nicht mehr kompatibel mit der neuen digitalen Welt. Wohin jetzt damit? Welch ein Wahnsinn! Wir ersticken an unserem Überfluss, der durch ständig neues Angebot künstlich vergrößert wird. Kennen Sie die Geschichte von dem Manna, das das Volk Israel in der Wüste vor dem Verhungern rettete? Diese rätselhafte Speise war wunderbar, aber sie hielt nur einen Tag lang. Alles, was das Volk hortete, war am nächsten Tag verdorben. Es stank ebenso wie die Müllberge, die wir jeden Tag produzieren. Die Menschen in der Wüste lernten, sich mit dem Nötigen zu begnügen und darauf zu vertrauen, dass sie auch morgen satt werden. Lassen Sie uns lernen, uns dem Konsumdruck zu widersetzen. Omas Kommode aus dem Möbellager kann in unserem Wohnzimmer auch sehr schön aussehen.
Julia Jünemann, Diakonin, Preetz