Innenansicht - Folge 4: Dorothee Albrecht & Gotelind Frede
In diesem Jahr feiert der Weltladen der Diakonie in Preetz sein 40-jähriges Bestehen. Zeit für einen Rückblick auf die Jahrzehnte ehrenamtlichen Engagements von bewegten Frauen in bewegenden Zeiten.
Frau Frede, Frau Albrecht, Sie beide sind die „Frontfrauen“, die Gesichter des Weltladens.
Wie kamen Sie dazu ? Wie lange ist das her?
Gotelind Frede
Ende 1978 wurde mein drittes Kind geboren, weshalb ich mich für neun Jahre vom Schuldienst beurlauben ließ. Mein Lebensmittelpunkt war nun Familie, Haushalt und Garten, doch ich wünschte mir auch Kontakte zu anderen Menschen. Als ich erfuhr, dass ein Dritte-Welt-Laden gegründet werden sollte, meldete ich mich sofort. Eine Gruppe von acht Frauen fand im Herbst 1982 zusammen.
Dorothee Albrecht
Das Thema des gerechten Handels kannte ich aus Hamburg, wo ich bis 1988 wohnte. Damals war der Weltladen Harburg sehr aktiv und besuchte uns oft auf der Elbinsel.
In Preetz angekommen stellte ich erfreut fest, dass auch hier das Interesse an diesem Thema groß war. Im Zusammenhang, mit dem für 1989 geplanten Umzug in die Kirchenstraße 42 hat, mich dann Gotelind Frede angesprochen, ob ich Lust hätte mitzumachen.
Ein paar Jahre später gab es dann einige Schwierigkeiten in der Gruppe und in Verwaltungsdingen. Seither bin ich die, die für den möglichst reibungslosen Ablauf in der Gruppe und im dann entstandenen Diakonischen Werk sorgt.
Erzählen Sie uns etwas über Ihr Engagement im Weltladen, über die Idee und das Anliegen dahinter.
Gotelind Frede
Wir lebten in einer Zeit des Aufbruchs:
Die ökologische Bewegung gewann immer mehr an Boden, auch im wörtlichen Sinn.
Der Feminismus bekam mehr Zuspruch – wir waren ja auch eine rein weibliche Gruppe.
Die Menschen wurden sich zunehmend der ungerechten Wirtschaftsstrukturen bewusst.
Aus der Kritik am bestehenden Handel war der alternative Handel entstanden, der den Produzenten und Produzentinnen in den Entwicklungsländern zu gerechteren Preisen und besseren Lebensbedingungen verhelfen sollte.
All diese Bewegungen wollte ich gerne unterstützen.
Da unser Laden am Anfang sehr provisorisch war, bauten wir regelmäßig einen Stand in der Lange Brück Straße auf, auch auf dem Markt, und wir besuchten verschiedene Kirchengemeinden, um über unser Anliegen zu informieren. Dies wurde begleitet von Seminaren, Lektüre, Diskussionen und manchmal auch direkten Kontakten mit Personen, von denen wir Waren bezogen. Diese lebten zum Teil in der Dritten Welt und informierten uns über die Lebensbedingungen dort.
Auch ich begründete ein Projekt in Paraguay. Vermittelt wurde es von einem Referendar an unserer Schule, der von dort stammte. Unser Ziel war es, die dortigen Indianerschulen zu unterstützen. Wir beschlossen, durch Aktionen an der Schule und durch den Verkauf von Schnitzarbeiten und anderem Kunsthandwerk der Indios an Geld zu kommen. Schulen wurden mit unserer Hilfe besser ausgestattet. Die letzte erhielt sogar den Namen Escuela Theodor – Heuss de San Juan, nach unserer örtlichen Realschule. Ich wurde zur Einweihung eingeladen. Die Reise dorthin mit meiner zweiten Tochter, die gerade Abitur gemacht hatte, war sehr interessant und bot uns Einblicke in eine fremde Welt.
Welche Veränderungen gab es im Laufe der Zeit?
Gotelind Frede
Als wir gegenüber der Stadtkirche ein eigenes Ladenlokal bezogen, wurde unser Laden eine feste Einrichtung. Zwar ist inzwischen der Umsatz zurückgegangen, auch weil unser Sortiment kleiner geworden ist, doch wir haben viele Stammkunden gewonnen. Auch werden alternative Produkte, etwas billiger als bei uns, in vielen Lebensmittelmärkten vertrieben. Wir werten dieses als Erfolg.
Dorothee Albrecht
Der Schreck war groß, als klar wurde, dass das Ladenlokal in der Kirchenstraße 42 zu teuer wurde. Seither sind wir im kleinen Ladenlokal in der Kirchenstraße 40, müssen für Miete und Nebenkosten aufkommen und sind froh, dass das Diakonische Werk uns dabei hilft.
Die Weltladengruppe selbst hat sich immer wieder verändert und hält zusammen. Wir sind heute 15, alle mit sehr unterschiedlichen Aufgaben, und wir wünschen uns, dass unser Laden weiter bestehen bleibt, gemäß unseres Wahlspruchs:
"Viele kleine Menschen an vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, werden das Gesicht der Erde verändern". Wir wissen, dass wir mit jedem verkauften Pfund Kaffee und jeder Filzblume dazu beitragen, dass der Kaffeebauer in Nicaragua und die Handarbeiterin in Nepal weiterleben und arbeiten kann. Auch deshalb ist jede zusätzliche Art von Mithilfe sehr willkommen!
Das Gespräch mit Dorothee Albrecht und Gotelind Frede führte Micaela Morgenthum