Nie wieder ist jetzt!
Demo-Ansprache vom Pastor Ekkehard Wulf im Wortlaut
Mehr als 1500 Menschen haben in Bad Segeberg friedlich und eindrucksvoll für Demokratie und gegen Rechtsextremismus demonstriert. Als einer der Sprecher auf der Kundgebung trat Ekkehard Wulf auf, Pastor in der Kirchengemeinde Nahe und Stellvertretender Propst im Kirchenkreis Plön-Segeberg.
Hier finden Sie seine Ansprache im Wortlaut:
"Liebe Anwesende, wie schön ist es, dass so viele Menschen gekommen sind!
Wir sagen: „NIE WIEDER IST JETZT!“
Wir wollen und müssen das sagen! Zusammen mit den vielen Menschen, die sich schon an anderen Orten zu Kundgebungen und Demonstrationen gegen den Rechtsextremismus eingefunden haben. „NIE WIEDER IST JETZT!“ in einer Zeit, in der widerliche Hassparolen längst in der Mitte unserer Gesellschaft und auch in Parlamenten angekommen sind.
„NIE WIEDER IST JETZT!“
Mir geht dabei eine Begegnung nach, welche ich als junger Mann, als Student in Israel hatte. Ein älterer Mann hatte mich als Tramper in seinem Auto von Akko nach Haifa mitgenommen. Wir unterhielten uns auf Englisch. Als wir in Haifa ankamen und ich aussteigen wollte, fragte er mich: „Woher kommst Du eigentlich? Bist Du Engländer oder Amerikaner?“
„Nein“, antwortete ich ihm. „Ich komme aus Deutschland, aus der Nähe von Hamburg.“
Er schaute mir daraufhin ins Gesicht, traurig und wütend zugleich, und sagte dann: „Hätte ich das geahnt, dann hätte ich Dich nicht mitgenommen. Die Nazis haben meine ganze Familie vernichtet. Ich bin der Einzige, der überlebt hat!“
Liebe Anwesende! Damals wäre ich am liebsten gleich im Boden versunken...
„NIE WIEDER IST JETZT!“
Tun wir alles, friedlich und im Rahmen unserer demokratischen Möglichkeiten, damit der braune Sumpf austrocknet. Um endgültig zu beweisen, dass dieses Land etwas aus der unheilvollen Nazi-Vergangenheit gelernt hat. Die großen Kundgebungen in diesen Wochen erinnern mich an die Zeit der Friedensbewegung vor 40 Jahren. Auf einmal, so wie damals, sind nun wieder alle auf den Beinen, Jüngere und Ältere. Familien, Menschen, die schon immer in diesem Land zuhause waren und ganz selbstverständlich auch jene, die hier eine neue Heimat gefunden haben oder hoffentlich noch finden werden.
Die Menschen in unserem Land, so das deutliche Signal, stehen mehrheitlich zusammen als bunte, friedfertige Gemeinschaft und das möge und soll auch so bleiben! Lassen wir uns das nicht kaputtmachen!
„NIE WIEDER IST JETZT!“
Ich habe seit ein paar Tagen einen Wunsch, einen Traum: Lasst uns – quer durchs Land - eine geschlossene Menschenkette bilden. Von Nord nach Süd, von Ost nach West, um im Sinne des Juden Jesus eine friedensstiftende Botschaft in die Welt zu senden. Diese kann nach einem afrikanischen Sprichwort so lauten: „Viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern.“
Lasst uns gemeinsam daran glauben und entsprechend handeln"