Ev. - Luth. Kirchenkreis Plön-Segeberg

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Gedanken zum Mitdenken: Alles gemeinsam, keiner hat Mangel

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn, Jesus Christus. Amen.

Liebe Homepage-Gottesdienst-Gemeinde, der Predigttext für den 1. Sonntag nach Trinitatis steht in der Apostelgeschichte des Lukas. Da heißt es in Apostelgeschichte 4, 32- 37:

32 Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam.
33 Und mit großer Kraft bezeugten die Apostel die Auferstehung des Herrn Jesus, und große Gnade war bei ihnen allen.
34 Es war auch keiner unter ihnen, der Mangel hatte; denn wer von ihnen Land oder Häuser hatte, verkaufte sie und brachte das Geld für das Verkaufte
35 und legte es den Aposteln zu Füßen; und man gab einem jeden, was er nötig hatte.
36 Josef aber, der von den Aposteln Barnabas genannt wurde – das heißt übersetzt: Sohn des Trostes –, ein Levit, aus Zypern gebürtig,
37 der hatte einen Acker und verkaufte ihn und brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.

Soweit der Bibeltext.

Alles gemeinsam, keiner hatte Mangel und der Gewinner legte es den Aposteln zu den Füßen.
Schöne heile Welt. Das war einmal, denken die Leute. Ja, zu Beginn, als Jesus gerade erst weg war. Feuer des Heiligen Geistes, gleich nach Pfingsten.

Und immer wieder gab es Zeiten, da hat man in diesen Texten und Bildern von den Anfängen der sogenannten Urgemeinde, die Blaupause für Kirche heute gesehen. So sollten wir sein. So fromm, so heil, so freundlich, so liebevoll, so bereit zu teilen.

Das stimmt. Das sollten wir auch.
Allerdings, nicht einmal, wenn das etwas Gutes ist, kann man das verordnen. Und man kann es auch nicht mit dem Willen erzwingen.
Wenn man es verordnet, laufen die Leute weg. Wenn man es erzwingt, bleibt es unecht.

Schauen wir mal auf die Hintergründe von damals. Warum konnten die Menschen so handeln?
Die Pfingstgeschichte beschreibt das, indem sie sagt: Sie waren erfüllt vom Heiligen Geist.
Erinnern wir uns: Das kam den Menschen, die das als Zeugen miterlebten, seltsam vor. Manche vermuteten geradezu, die Jünger seien betrunken. Petrus beantwortet diesen Verdacht seltsam naiv: Nein, die sind nicht betrunken. Es ist doch erst Neun Uhr morgens.
Als wenn das ein Grund wäre....

Tatsächlich waren sie vom Geist erfüllt. Wir haben ein etwas abgeflachtes Wort dafür: Sie waren begeistert. Sie waren sozusagen Fans höherer Ordnung. Sie waren angesteckt von einer Idee, deren liebevolle Kraft sich weltverändernd anfühlte. Sie hatten gänzlich neue Blicke auf ihr Leben bekommen.

Und seltsamer Weise war dieser Blick nicht durch Forderungen entstanden. Von Jesus waren nur wenig Forderungen gestellt worden. Und dann z.B. welche, die von den Menschen forderten, sich um sich selbst gut zu kümmern: Bittet, so wird euch aufgetan.
Statt Forderungen hatte Jesus vor allem Erlösungen, Vergebungen, Auflösungen von Lähmung, Blindheit und Taubheit gebracht. Sein Tun war es gewesen, die Menschen immer neu mit dem Leben zu verbinden. Bartimäus lässt er wieder sehen, dem Lahmen vergibt er seine lähmenden Sünden, dem Wartenden am Teich von Bethesda macht er Mut, sich auf eigene Beine zu stellen, der Sünderin macht er klar, dass die ganze Welt keinen Grund hat den ersten Stein auf sie zu werfen usw. Und mit all dem, was er Gutes kann und will, gibt Jesus sich dennoch in den Willen Gottes hinein: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe“, sagt er in der Nacht vor dem Kreuzestod. Und so geht er am Ende sogar an das unverdiente Kreuz; aber nur, um es durchlässig zu machen für das Leben. Die Botschaft lautet seitdem bis in alle Ewigkeit: Kein Tod, kein Grab der Welt, auch keine Pandemie übrigens, kann das Leben, das von Gott kommt, hindern. Der Stein kommt weg und Jesus verlässt die Wenigen, um für alle da zu sein – das Wort dafür ist Himmel.

Das zu glauben, erleichtert die Menschen damals derartig, dass sie sich lösen von Besitz, von Eifersucht, von Raffen und Gieren. Und so kommt es dann zu diesem: Alles gemeinsam, keiner hatte Mangel und der Gewinner legt seinen Gewinn den Aposteln sogar noch zu den Füßen.

Sie handelten so, weil sie innerlich so reich waren, dass alles Äußere zweitrangig wurde. Zumindest am Anfang kam diese Haltung von innen, wie unaufgefordert.

Davon sind wir heute inzwischen relativ weit weg. Stattdessen leben wir in einer Zeit, in der viele nach dem gelten, was sie haben. Und wir leben in einer Zeit, in der manche real und zu Recht und viele aber auch unreal und übertrieben Angst vor der Zukunft haben, als könnte man Leben finanziell absichern. Als könne man Glück kaufen und festhalten.

Und dann kommt so eine Krise wie Corona. Dann kommt so etwas nie Dagewesenes, jedenfalls zu unseren Lebzeiten, und schlägt uns das Meiste dessen, was wir kennen, aus der Hand.

Und wir sind mindestens sehr verwirrt. Zum Teil verlieren wir auch den Boden unter den Füßen. Wir laufen um- und durcheinander. Und nach der Solidarität, die wir im Lockdown noch hatten, kommen wir immer mehr in seltsame Streitsituationen, wer was darf. Und ob das alles vielleicht ein verschwörerischer Betrug ist. Und die Virologen haben vielleicht übertrieben. Und, und, und.

Und ich denke, ob nicht dieser romantische Bibeltext, der ein bisschen nach Schlaraffenland klingt und unerfüllbar in seiner liebevollen Bereitschaft zu teilen; ob der uns nicht gerade jetzt gut an die Haltung erinnern kann, die die Menschen der ersten Christenheit hatten, und die auf Jesu Handeln und liebevoller Zuwendung beruhte und die man vielleicht am einfachsten und treffendsten mit dem Wort Gottvertrauen beschreiben kann.

Gottvertrauen.
Ich meine etwas, was tief in einem wohnt. Es berührt Herz und Seele. Es bleibt manchmal fast unvernünftig ruhig, auch in Krisen. Es orientiert sich an einer unsichtbaren Kraft und glaubt, was noch nie einer beweisen konnte. Vor allem aber ist es eine Haltung, die eine Menge Unerschütterlichkeit erzeugt. Unerschütterlich, damit meine ich diese Art, wie wir uns nach Krisen wieder zusammensammeln und aufrichten. Wie wir auch nach Verletzungen wieder heilen und notfalls mit Narben und dauerhaft versehrt dennoch unseren Weg finden; und er kann sogar dennoch gut sein. Gottvertrauen ist nicht hart, sondern weich. Gottvertrauen ist Geschenk, nicht Pflicht. Gottvertrauen kann immer neu heilen, auch an Stellen, wo Zerstörung geschah. Gottvertrauen ist die Verbindung zu einer äußeren Kraft, die wir geschenkt bekommen, ohne sie zu kontrollieren. Gottvertrauen geht über Vernunft, so sehr, dass wir manchmal übereinander den Kopf schütteln.

Gottvertrauen in Zeiten von Corona weiß von der Unverfügbarkeit des Lebens und ist dennoch genau in der Not solidarisch, gemeinschaftlich, fürsorglich. Gottvertrauen verliert die Würde des Menschen nicht aus dem Blick und schafft in Krisen wie diesen eine Balance zwischen Unfreiheit und Zukunftshoffnung. Gottvertrauen beinhaltet zugleich Eigenverantwortung. Gottvertrauen ist gut gegen Vereinsamung, gerade jetzt, wo uns manchmal die Menschen fehlen. Gottvertrauen erträgt Verzicht, Pause, Demut und Geduld, weil es vertraut, dass der ungreifbare Gott an unserer Seite bleibt. Gottvertrauen hilft, die Fehler der Vergangenheit zuzugeben und umzukehren. Gottvertrauen hilft aus Krisen wie der jetzigen reicher an Erfahrung und Menschlichkeit in eine neue Zukunft zu gehen. Gottvertrauen macht auch noch die bedrückende Lebenszeit lebenswert.
Und noch eine letzte sehr aktuelle Bemerkung: Niemand, aber auch wirklich gar niemand, der in sich Gottvertrauen spürt, wird Menschen nach ihrer Hautfarbe unterscheiden; sondern wird wissen, dass jedes Leben vor Gott gleich viel zählt.

Alles gemeinsam, keiner hatte Mangel und der Gewinner legte seinen Gewinn den Aposteln zu den Füßen. So erzählt der Text.
Das ist keine Frage der Moral. Das ist eine Frage der inneren Haltung. Und die wird unter Gottvertrauen zu einer, die dem Überleben dient, dem eigenen und dem der anderen.
Darum geht es Gott.
Das kann begeistern.
Amen.

(Erich Faehling, Propst im Kirchenkreis Plön-Segeberg)

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