Ev. - Luth. Kirchenkreis Plön-Segeberg

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Zeiten, die wir so nicht kannten

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sind mit uns allen. Amen

(Foto: Mohamed Hassan/Pixabay)

Nie waren die Eingangsworte der Predigt, der Gruß am Anfang wichtiger: Er stellt Gemeinschaft her, Gemeinschaft derer, die dies lesen, Gemeinschaft in Zeiten, wo wir uns nicht sehen können. Verbundenheit – gerade jetzt. Gemeinschaft mit all denen, die vor uns glaubten und da waren, und nach uns kommen werden.

Worum geht es in diesen Zeiten?
Es geht darum Halt und Haltung zu bewahren. Und das in den Zeiten der Ohnmacht, wo wir uns machtlos fühlen und ausgeliefert
Die Welt hält den Atem an, sie steht spürbar still.
Bleiben Sie zu Haus - hören wir an allen Orten.
Verlassen Sie Ihre Wohnung so wenig wie möglich.
Wir können uns kaum noch sehen, gehen körperlich auf Abstand, sitzen fest.
Und doch passiert etwas Neues, körperlich auf Distanz, sind wir sozial miteinander verbundener denn je.
Da rufen die Kinder und Enkel an, da schreiben wir Emails und Briefe, da prüfen wir unsere Kontakte einmal durch, wer vielleicht auf ein Signal von uns wartet. Wir gehen unsere Beziehungen durch, mit wem wir reden müssen, wer auf Klärung wartet, wer auf ein liebes Wort hofft.

Was gibt uns Halt in diesen Zeiten?
Wir haben Zeit nachzudenken und vielleicht auch manches aufzuschreiben.
Was gibt Ihnen ganz persönlich Halt in diesen Tagen?
Familie, Liebe, Verbundenheit, Erinnerungen, alte Briefe, neue WhatsApp-Nachrichten, ein Telefonat? Mit wem sind wir eng verbunden?
Zeit, sich Gedanken zu machen.
Wir haben kaum Räume, in denen wir uns begegnen können, kaum Raum für unsere Furcht, die uns ergreift, kaum Raum für das, was wir auf dem Herzen haben.
Wir sind in der Passionszeit, der Leidenszeit vor Ostern und ja, wir leiden. Leiden mit denen, die krank sind, mit denen die keinen Besuch erhalten, leiden mit den Einsamen und Armen, mit denen die keine Zuhause haben, leiden unter unserer eigenen Sehnsucht.

Als Pastorinnen und Pastoren suchen wir uns nicht die Texte aus, sie sind vorgeschrieben und zwingen uns, über unsere eigenen Lieblingsgedanken hinweg zu Suchbewegungen, zu Sinnfragen und sind immer wieder Herausforderung - gerade in solchen Zeiten...

Zeiten, die wir so nicht kannten.
Und dann ein solcher Predigttext, Hebräerbrief 13,12-14
12 Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.
13 So lasst uns nun zu ihm hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen.
14 Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.

Draußen sein, außen vor sein, - ja das kennen wir gerade und erleben es.
Draußen sein.
Manche, die in Quarantäne sind, fühlen sich so: ausgeschlossen.
Manche, die verreist waren und dann zurückkamen und andere unwissentlich ansteckten, fühlen sich so: ausgesondert.
Und es droht uns allen.
Draußen vor dem Tor gelitten, heißt es hier von Jesus selbst.
Lasst uns zu ihm hinausgehen und seine Schmach tragen. Die Aufforderung.
Große Worte. Wie soll das gehen?

Draußen ist Platz für die Schmach, die Furcht, die Sorgen und Ängste. Draußen ist der Ort. Und da sind wir nicht allein.
Allen geht es so. Wir gehen in Gedanken und Gebeten hinaus an diesen Platz, schaffen dort einen Raum, unter dem Kreuz und legen all das mit ab, was so belastet im Leben
Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor.
13 So lasst uns nun zu ihm hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen.

Vielleicht machen Sie es, wie wir früher in meiner alten Kirchengemeinde und bauen sich einen kleinen Garten mit Kreuz. Nur einen Teller braucht es, eine kleine Unterlage, etwas Erde und ein kleines Kreuz, vielleicht ein paar Gras- oder Kressesamen. Man schiebt etwas Erde in einer Ecke erhöht zusammen und stellt das Kreuz oben drauf. Und dann steht da ein Kreuz auf einem kleinen Hügel, in einer Ecke Ihres Zimmers – symbolischer Raum für das Draußen, da wo man alles hinlegen, ablegen kann.

Am Kreuz ruft Jesus selbst: Warum hast du mich verlassen?! Das Kreuz ist der Ort der Ohnmacht. Das Kreuz ist der Raum, wo alle Furcht, Angst und Sorge hingehören.
Die Ohnmacht, nicht zu wissen, wie es ausgeht.
Die Ohnmacht, nicht zu wissen, was wird
Die Ohnmacht, weil die Angst vor dem Tod kaum benennbar ist - schon gar nicht in Zahlen auszudrücken ist.
Und doch stellen wir uns dieser großen Macht, den Tod, entgegen.

Und dann hören wir den Satz in diesem Brief an die Hebräer:
14 Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
Der Schreiber des Briefes spricht es aus: Wir alle werden sterben - wir wissen nicht wann. Aber wir haben hier keine bleibende Stadt. Gelassen spricht er es aus und hofft auf das Zukünftige.

Auch wir hoffen auf die Zukunft, auf die nahe Zukunft, dass wir uns wiedersehen können, wieder Gemeinschaft real gestalten können, vielleicht liebevoller, geduldiger und achtsamer als zuvor. Sicher dankbarer.
Der Schreiber aber spricht dies gelassen aus, weil er weiß, dass es nicht auf die Zeit ankommt, sondern dass wir den Sinn unseres Lebens jetzt verwirklichen, dass wir jetzt schon aus dem zukünftigen Reich Gottes, Lebendigkeit beziehen und darauf zu leben, so als wäre es schon jetzt unter uns angebrochen. Zukünftig wird es dann ganz und gar sichtbar.

Geht das in solchen Zeiten wie jetzt und wie soll das trösten?
In der Ohnmacht wächst etwas, langsam und klar, wird gespeist aus der Kraft, die da ist und verborgen lag. In der Ohnmacht, nichts tun oder ändern zu können, liegt es bereit: die Kreativität, die heilende Geistkraft, doch zu versuchen, alte Beziehungen zu klären, Funkstille in den Beziehungen zu überwinden, räumliche Distanz in Nähe durch Briefe und Gespräche zu überbrücken, und Menschen, Liebe, Geduld und Zeichen entgegen zu bringen, die sonst vereinsamen.

Unser Brieftext geht so weiter:
14 Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.
15 So lasst uns nun durch ihn Gott allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.
16 Gutes zu tun und mit andern zu teilen vergesst nicht; denn solche Opfer gefallen Gott.

Gutes tun, ja, lasst uns bei aller Beschränkung, die wir haben, Gutes tun. Lasst uns uns nicht von diesem Schrecken, von diesem Hier und Jetzt, von dieser Krise überwältigen, sondern uns in Gelassenheit üben, lasst uns unsere Furcht ansehen – aber nie länger als ein paar Minuten dafür Raum und Zeit geben. Und lasst uns dann die Furcht überwinden.
Mit den Christinnen und Christen vor uns glauben wir, dass der Tod nicht das letzte Wort behält, sondern eine viel größere Lebendigkeit ihn überwindet.
Lasst uns daraus Widerstandskraft schöpfen – das nennt sich Glauben. Gutes tun, gegen alle Wirklichkeit und tödliche Bedrohung gegenan. Das gefällt Gott, so heißt es hier.

Gutes tun, das kann sein: Briefe und Postkarten schreiben, gerade an die, die es jetzt so nötig brauchen, zu zweit mit gebührendem Abstand Spaziergänge machen, anderen vorsingen oder musizieren im Garten oder vor der Haustür, Telefonate führen, ein Ohr zum Zuhören anbieten, Einkäufe erledigen für die, die besonders gefährdet sind, liebevolle Zeichen setzen für die, die mehr als andere belastet sind.
Nein, keine Antworten haben wir parat, keine seelsorgerlichen Tipps, die man nur einlösen bräuchte, und dann ist alles gut, sondern wir brauchen Raum für unsere Sorgen und Ängste, in denen wir einander ernst nehmen – um sie nicht über eine Viertelstunde am Tag wachsen zu lassen.

Beten gehört dazu.
Vielleicht das Vaterunser mal wieder versuchen, Wort für Wort, vielleicht die Not einfach in Worte fassen. Lassen sie es uns gemeinsam versuchen.
Und bis wir uns wiedersehen, bleiben sie gesund und behütet.
Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.

(Pastorin Fanny Dethloff, Klinik- und Notfallseelsorge, Plön)

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